Faire Asylverfahren für trans* Menschen!

Seit zwei Jahren bietet das Schwul-Queere Zentrum Münchens mit Bundesmitteln eine besondere Rechtsberatung für queere Geflüchtete an. Das Sub stellte heute im Rahmen einer Pressekonferenz fest: Trans* und genderfluide Menschen erleben im Asylsystem Diskriminierung und Gewalt. Wer in die Heimat abgeschoben wird, muss um sein Leben fürchten.

Suru Emmanuel, queerer Menschenrechtsaktivist aus Nigeria, engagiert sich seit Jahren für die Rechte von LGBTIQ* in Westafrika. Als Chef der Improved Sexual Health and Rights Advocacy Initiative (ISHRAI) setzt er sich für soziale Gerechtigkeit und das Empowerment von queeren Menschen ein. Wegen seines Engagements und seiner Sichtbarkeit als genderfluide Person drohen ihm in Nigeria Verfolgung, Haft und Gewalt. Eine Abschiebung würde ihn und viele Menschen, die er unterstützt, in Lebensgefahr bringen.

Kim (Kato Hussein), 30, musste aus ihrem Heimatland fliehen, weil sie trans* ist. In Uganda sind trans* Menschen massiver staatlicher und gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. Kim selbst sieht sich "im falschen Körper eines Mannes" gefangen. In Uganda wurde sie diskriminiert, bedroht, lebte in ständiger Angst. Trotzdem wurde ihr Asylantrag in Deutschland abgelehnt. Die Behörden glauben ihr nicht, dass sie trans* ist. Eine Abschiebung aber würde ihr Leben gefährden.

Pressekonferenz: Trans* im Asylverfahren im Sub. Foto: Robert Seiler

Auch Althexia Josephine Vásquez, 32, hat ihre Heimat Peru verlassen, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlte. Sie sagt: „Peru ist kein guter Platz für eine trans* Frau“. Viele, die überleben wollten, hätten keine andere Wahl, als sich zu prostituieren. „Es ist so schwer als jemand zu erscheinen, der du nicht bist.“ Die Gesellschaft verachtet trans* Menschen und die Regierung schützt sie nicht. Trotzdem hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Althexias Asylantrag abgelehnt.

Ächtung im Asylverfahren

So wie Suru, Kim und Althexia geht es vielen queeren Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen. „Trans* und genderfluide Personen sind im Asylverfahren systematisch benachteiligt“, sagt Anita Beneta, die im Sub in der Geflüchtetenberatung arbeitet und seit 2023 im Rahmen der „Besonderen Rechtsberatung – Behördenunabhängige Asylverfahrensberatung“ im Regierungsbezirk Oberbayern tätig ist. Das Projekt wird mit Bundesmitteln gefördert.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entscheidet in Deutschland über Asylanträge. In Anhörungen schildern Geflüchtete ihre Fluchtgründe und die Mitarbeitenden bewerten dann, ob eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegt.

Ignoranz und Unsensibilität führen häufig zur Ablehnung von Asylanträgen

Für trans* und genderfluide Menschen entstehen dabei Probleme: Es fehlt bei den Mitarbeiter*innen im BAMF oft an Wissen und Sensibilität für das Thema: Die Beamt:innen sprächen Betroffene mit dem falschen Namen an, stellten intime oder unangemessene Fragen, zweifelten an der Gender-Identität, berichtet Beneta. Auch beim Dolmetschen komme es häufig zu Fehlern.

Besonders schwierig sei die Lage für Menschen aus Ländern, in denen trans* und genderfluide Identitäten nicht ausdrücklich verboten, aber gesellschaftlich geächtet sind wie etwa in Peru. Dort werden trans* Frauen regelmäßig Opfer von Polizeigewalt, sind vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und erhalten keinerlei staatliche Unterstützung. Der Staat schützt sie nicht – und gerade das gefährdet ihr Leben.

In Nigeria und Uganda sind Trans- und Homosexualität dezidiert strafbar und werden staatlich sanktioniert. Mit dem jüngst verabschiedeten Anti Homosexuality Act drohen queeren Menschen in Uganda lebenslange Haftstrafen. Trans* Personen leben im Untergrund, sind Ziel von Gewalt, „Outings“ und Lynchjustiz – oft mit stiller Duldung der Behörden.

„Es kommt häufig zu Fehlentscheidungen der deutschen Behörden“, sagt Beneta. Das könne fatale Folgen haben, wenn die Menschen zurück in ihre Heimat abgeschoben würden.

Diskriminierung nach der Anerkennung

Aber selbst, wenn trans* und genderfluide Menschen als Geflüchtete anerkannt werden, enden die Probleme nicht - solange sie nämlich in Gemeinschaftsunterkünften bleiben müssen. „Sie werden häufig beleidigt, belästigt oder angegriffen“, sagt Annina E., die ebenfalls in der Geflüchtetenberatung des Sub tätig ist. Sie verweist auf Zahlen der bayernweiten LGBTIQ*-Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt Strong!, mit der sie im Sub eng zusammenarbeiten.

Der Grund: Oft erfolgt die Unterbringung nach dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht. Spezialisierte Unterkünfte mit Schutzkonzept, geschultem Personal und psychosozialer Unterstützung seien deshalb notwendig, um Sicherheit, Privatsphäre und Zugang zu Beratung zu gewährleisten.

Die Bilanz: 256 Beratungen

Bis heute hat das Schwul-Queere Zentrum in der besonderen Rechtsberatung 174 Personen betreut. Sie arbeitet asylrechtlich fundiert, vertraulich und traumasensibel.

Ziel ist es, trans, inter* und queeren Menschen im gesamten Asylprozess rechtliche und psychosoziale Unterstützung zu bieten, vom ersten Kontakt bis zur Begleitung im Klageverfahren. Mehr Details dazu finden sich in unserem Presseleitfaden.

Aus gegebenem Anlass fordert das Sub:
  • Spezielle Unterkünfte für trans* und genderfluide Geflüchtete mit geschultem Personal, Schutzkonzept und Zugang zu psychosozialer Unterstützung
  • Verpflichtende Schulungen für BAMF-Mitarbeitende, Dolmetscher*innen und Entscheidungsträger*innen zu geschlechtlicher Vielfalt
  • Anerkennung von gesellschaftlicher und struktureller Gewalt als Fluchtgrund – auch in Ländern ohne explizite Strafgesetze
  • Einheitliche Richtlinien für Asylentscheidungen, die Diskriminierung, Misgendering und fehlenden Schutz berücksichtigen
  • Langfristige Förderung spezialisierter LGBTIQ*-Rechtsberatungen, um queeren Geflüchteten bundesweit Zugang zu rechtlicher Unterstützung zu sichern.

Suru, Kim und Althexia setzen große Hoffnungen auf die Geflüchtetenberatung im Sub und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit.

Suru sagt: „Ich möchte mein Leben neu aufbauen, frei von Angst und Verfolgung, und einen sinnvollen Beitrag für die Community und das Land insgesamt leisten. Ich bin bestrebt, mich zu integrieren, meine Fähigkeiten und Erfahrungen einzubringen und eine positive Kraft innerhalb der deutschen Gesellschaft zu werden.“

Kim erklärt: „Ich habe in Uganda viel durchgemacht und bin nach Deutschland gekommen, um Schutz zu suchen. Mein Leben war in Gefahr. Leider wurde mein Asylantrag abgelehnt, was mich sehr traurig macht. Ich bin verzweifelt. Ich hatte gehofft, hier ein neues Leben als trans* Frau beginnen zu können.“

Auch Althexia bittet um eine Chance: „Ich möchte einfach ein glückliches Leben führen, in dem ich nicht dafür verurteilt werde, wer ich bin: eine trans* Lesbe. Damit ich mit meinem derzeitigen Partner eine Zukunft aufbauen, eine Karriere in der IT-Branche beginnen und einen gesunden Beitrag zur Wirtschaft leisten kann.“

Top menuchevron-downcross-circle
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram