Gibt es eine Gay Voice? Wie können trans* Personen ihre Stimme verändern, ohne sie zu schädigen? Das Schwul-Queere Zentrum Sub in München hat Logopäd*innen zu einem Vortrag über das Thema Stimme und Stimmbildung eingeladen. Montag, 17. November, 19.30 Uhr in der Müllerstraße 14.
Unsere Stimme prägt unser Selbstverständnis und immer auch unsere Identität. Stimmen von 140 Hertz abwärts werden als männlich wahrgenommen, Stimmen oberhalb von 170 Hertz als feminin.
Manchmal stoßen gerade trans* Menschen an ihre stimmlichen Grenzen, wenn sie versuchen, ihre Stimme selbstständig zu verändern. Gefestigt wird die eigene Identität meist erst, wenn jemand sowohl im beruflichen wie privaten Umfeld im "neuen" Geschlecht wahrgenommen und akzeptiert wird.
Dabei spielt der Stimmklang eine entscheidende Rolle. "Besonders für trans* Frauen kann die Stimme eine große Herausforderung darstellen, weil Östrogen anders als Testosteron nur einen unwesentlichen Einfluss auf die bereits durch die männliche Pubertät veränderten Stimmlippen hat", schreibt die dgti auf ihrer Website.
Dann ist da das Phänomen einer vermeintlichen Gay Voice. Manchem Mann* klingt die eigene Stimme zu "schwul".

Sabrina Sax und Tobias Fendt, Inhaberin und Inhaber der Logopädie links der Isar, kennen diese Fälle. "Der Leidensdruck unter den Genannten kann schon sehr hoch sein", sagt Tobias. Die Praxis hat sich vor eineinhalb Jahren des Themas Stimmtransition angenommen, nachdem zwei trans* Personen auf die Einrichtung zugekommen waren. "Eine trans* Frau reiste extra 80 Kilometer weit nach München", erinnert sich Tobias. Stimmtransition bieten bis heute nur wenige Logopäd*innen an.
Die Klient*innen lernen dabei, bestimmte Muskeln und Muskelgruppen anzusteuern und zu trainieren, die an der Stimmbildung beteiligt sind, sowie Resonanzräume neu zu nutzen. Auch die Prosodie (Intonation, Satzmelodie, Sprechtempo etc.) spielt eine Rolle.
Den Vortrag im Sub am 17. November halten die Logopädinnen Verena Buchmann, Viola Ambs und Sabrina Sax. Wir konnten im Vorfeld mit dem Praxis-Inhaber Tobias sprechen.
Tobias, Ihr bietet seit eineinhalb Jahren in Eurer Logopädie Stimmtransition an. Ist die Nachfrage groß?
Durchaus, aber in der trans* Community besteht bis heute Scheu, das Thema anzusprechen. Trans* Männern reicht die Einnahme von Testosteron, hier ist meist kein weiteres Training nötig. Dagegen ist vielen trans* Frauen die eigene Stimme zu tief. Sie versuchen dann, ihre Stimme zu verstellen.
Wenn man das falsch macht, besteht die Gefahr einer dauerhaften Schädigung der Stimme. Ich kenne mehrere Fälle, die ihr ganzes Leben mit verstellter, hoher Stimme gesprochen haben, weil sie weiblicher klingen wollten. Heute hören sich ihre Stimmte total rau an.
Kann man eine Stimmtransition denn fachkundig trainieren?
Absolut. Östrogen verändert die Stimme leider nicht maßgeblich. Testosteron schon, aber auch nicht automatisch so, wie eine trans* Mann das vielleicht möchte. Für die Wunschstimme ist in den meisten Fällen eine professionelle Anleitung wichtig.
Welche Übungen sind bei einer Stimmtransition sinnvoll?
Wir trainieren das Zusammenspiel von Atmung, Stimmproduktion und Resonanz, die Luftstromkontrolle zum Beispiel mit dem "SOVTE"-Konzept. Das ist ein ganzheitliches Übungskonzept zum Training der Atmung sowie der Sprech- und Singstimme.
Übernehmen das die Krankenkassen?
Ja, in den allermeisten Fällen werden die Kosten für eine Stimmtransition von der Kasse übernommen.
Wie lange dauert eine Therapie?
Das ist sehr individuell, man kann durchaus mit zwei Jahren rechnen, wobei nicht über die komplette Zeit eine logopädische Betreuung nötig ist, sondern immer wieder längere Phasen zum Anwenden des Gelernten eingebaut werden.
Und hat das Erfolg?
Meistens ja. Wer sich auch außerhalb der Stimmtherapie viel ausprobiert und das Gelernte ständig anwendet, kann schon bald erste Erfolge bei der Stimmtransition feiern.
Nun kommen auch immer wieder schwule Männer* auf Euch zu, die finden, ihre Stimme klinge zu schwul. Gibt es eine Gay Voice?
Das kann man nicht sagen, es gibt keine aussagekräftigen Erhebungen dazu. Es ist sehr individuell, ob sich jemand an der eigenen Stimme stört oder gar daran leidet.
Die Gay Voice ist dabei nur ein Bereich, auch heterosexuelle Menschen empfinden ihre eigene Stimme oft als unangenehm. Das kannst du mit Übungen natürlich beeinflussen. Die Phonetik etwa: Wie lang ziehe ich Vokale oder so.
Was erwartet uns am 17. November? Wird es Übungen geben?
Wir bieten in dem 90-minütigen Vortrag neben einer theoretischen Einführung auch einen Praxisteil an, bei dem alle mitmachen können. Wir analysieren das Stimmfeld, dabei sieht man: Es gibt verschiedene Stimmprofile: laute, leise, tiefe und hohe Stimmen, behaucht, heiser, gepresst, voluminös etc.
In unserer "Live-Therapie" wird die Ist-Stimme analysiert und persönliche Stimm-Ziele wie Lautstärke, Frequenz, Prosodie und Resonanz definiert. So finden wir heraus, woran man auf dem Weg zur Wunschstimme arbeiten muss uns kann auch die eigenen Fortschritte sichtbar machen.
Ist es nicht eigentlich traurig, dass man sich in unserer Welt mit der eigenen Stimme anpassen muss, um reinzupassen?
Das möchte ich nicht bewerten. Es ist immer eine ganz persönliche Entscheidung, ob mir meine Stimme gefällt oder nicht. Wir haben insbesondere die Erfahrung gemacht: Trans* Frauen möchten auch wie eine Frau* klingen und sich sicher in ihrer 'neuen' Welt bewegen. In den meisten Fällen kann man das formen. Vielen geht es dann besser.
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