Die LGBTIQ* Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt hat Jubiläum. Seit ihrer Gründung hilft Strong! Betroffenen queerfeindlicher Übergriffe. Sie berät, unterstützt bei belastenden Erlebnissen, dokumentiert Vorfälle, arbeitet eng mit der Polizei zusammen und klärt in der Öffentlichkeit auf.
Angefangen hatte 1993 alles mit einem Halbtagsjob auf dem so genannten Anti-Gewalt-Projekt AGP. Es war die erste Stelle, die das Schwule Kommunikations- und Kulturzentrum München, der Sub e.V., nach seiner Gründung im Jahre 1986 mit Geldern der Stadt München besetzen konnte.
Wir erinnern uns: Erst 1994 war der Paragraf 175, der Sex zwischen Männern* unter 21 bis 1969 verbot, komplett aus dem Strafgesetzbuch entfallen; Diskriminierung und Gewalt gegenüber schwulen, bisexuellen und queeren Männern* gehörten zum Alltag. Das Sub war eine der ersten Beratungsstellen in Deutschland, die sich dieser Thematik explizit annahmen.
Heute arbeiten im Schwul-Queeren Zentrum, wie sich das Sub seit 2023 nennt, 17 Kolleg*innen. Drei davon kümmern sich – auf eineinhalb Stellen – um Strong!, die LGBTIQ* Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt. Der Sub e.V. ist ihr Träger. Strong! war 2019 aus dem AGP und einer neuen Förderung des Freistaats für ein bayernweites Beratungstelefon hervorgegangen. 2020 erfolgte mit der Erweiterung der Zielgruppe auf lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen die Umbenennung in Strong! Diese Einrichtung wird dieser Tage fünf Jahre alt.
Mit einem erfahrenen Team aus psychosozialen Berater- und Psycholog*innen bietet Strong! Betroffenen sowie ihrem sozialen Umfeld, Zeug*innen und Fachkräften seit 2020 kostenfrei, vertraulich und auf Wunsch anonym Hilfe. Ob persönliche Beratung, Fachgespräche oder die Bekämpfung queerfeindlicher Hetze im Internet: Strong! ist für alle da. Sie versteht sich als parteiliche Beratungs-, aber auch als Schnittstelle zwischen der LGBTIQ*-Community auf der einen und staatlichen Akteur*innen wie Behörden und Polizei auf der anderen Seite.
Die Erweiterung hin zu einer Fachstelle war 2019 ein wichtiger Schritt zunächst für schwule, bisexuelle und queere Männer*. Sie sollte Beratung und Unterstützung bieten. Und helfen, die hohe Dunkelziffer an Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen zu erfassen. "Wir hatten dank der Statistik die Möglichkeit, die Problematik sichtbar zu machen sowie politisches Bewusstsein zu schaffen“, erinnert sich Dr. Michael Plaß vom Sub, der Strong! damals mit aufgebaut hat. Das Ministerium für Arbeit, Familie und Soziales förderte damit erstmals überhaupt in der Geschichte des Freistaates ein Projekt für eine explizit benannte Zielgruppe aus der LGBTIQ*-Community.
Als sich die Fachstelle 2020 für die gesamte queere Community öffnete, ging man daran, Netzwerke und Kooperationen aufzubauen, um bei LGBTIQ* in ganz Bayern und anderen Beratungstellen bekannter zu werden. Ende 2022 begannen die ersten Gespräche zu einer Kooperation mit dem bayerischen Justizministerium. Der Grundstein für eine Hate-Speech-Meldestelle wurde gelegt, um Hass gegen LGBTIQ* im Netz entgegenzutreten. 2023 nahm diese Meldestelle ihren Dienst auf.
Aber nur ein Bruchteil der von Diskriminierung und Gewalt Betroffenen bringt die Fälle zur Anzeige. Auch Kampagnen wie „Zeig Flagge. Zeig’s an“, an der Strong! seit 2023 beteiligt ist, ändern daran wenig. So machte sich das Team daran, die Zusammenarbeit mit der Polizei auszubauen. Es gab Treffen mit dem neuen Hasskriminalitätsbeauftragten der bayerischen Polizei. Außerdem etablierte Strong! 2023 mit dem Polizeipräsidium Mittelfranken und mit Unterstützung des Innen- wie Sozialministeriums den so genannten proaktiven Beratungsansatz. Das heißt: Wenn eine queere Person zur Polizei kommt, um Anzeige zu erstatten, bieten ihr die Beamt*innen proaktiv an, sich bei Strong! zu melden, sofern Beratungsbedarf besteht. Nach einer erfolgreichen Pilotphase wurde dieser Ansatz nun auf die Oberpfalz und München ausgeweitet. Weitere Regierungsbezirke sollen folgen.
In den vergangenen fünf Jahren hat Strong! viele Menschen gestärkt und wichtige Schritte für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft angestoßen. Die Erfahrungen zeigen, dass das leider bis auf Weiteres nötig ist. Übergriffe auf Schwule, Lesben, bisexuelle, trans*, inter* und queere Personen gibt es nach wie vor. 2023 verzeichnete Strong! – aktuellere Zahlen liegen derzeit nicht vor – 230 Vorfälle. Sie reichen von Beleidigungen, Schikane und Mobbing bis zu Bedrohungen und tätlichen Angriffen. Das waren 71 mehr als im Vorjahr.
Auch Zahlen des Landeskriminalamtes vom April 2024 belegen, dass sich die erfassten queerfeindlichen Delikte in Bayern von 2022 auf 2023 verdoppelt haben. Das gesellschaftliche Klima gegenüber LGBITQ* ist aller Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte zum Trotz wieder rauer geworden.
„Wir merken, dass die Leute dankbar sind, dass es das Angebot gibt“, sagt Annina E. von Strong!“ „Jedes Mal, wenn wir Menschen beraten, im Freistaat neue Kooperationen eingehen, unser Netzwerk ausbauen, zeigt sich, dass wir gebraucht werden. Immer wieder hören wir: Hätte es euch nur früher schon gegeben!“
Das Jubiläum ist ein Anlass, die Erfolge der Fachstelle zu würdigen und gleichzeitig den Blick in die Zukunft zu richten, denn die Arbeit für Respekt und Vielfalt bleibt angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen weiterhin wichtig und aktuell. „Nach fünf Jahren haben wir ein kleines Team mit sehr engagierten Menschen, die die herausfordernde Aufgabe des Projektsaufbau mit viel Herzblut übernehmen“, sagt Dr. Kai Kundrath, Geschäftsführer des Sub. Am 19. Februar begeht Strong! das Jubiläum ab 14 Uhr mit einem Fachtag in den Räumen des Schwul-Queeren Zentrums Sub.
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